Offener Brief an die Wildauer Bürgermeisterin – Bitte um Richtigstellung

19 Feb
19. Februar 2021

Sehr geehrte Frau Homuth,

auf der Internetseite der Stadt Wildau befindet sich seit dem 12.02.2021 eine Pressemitteilung zum Thema Familienladen „Seifenblase“. Diese enthält leider unkorrekte Darstellungen, die wir sie bitten zu berichtigen.

Schon die Ausführungen zur Gründung des Familienladens entsprechen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Die „Seifenblase“ wurde nicht, wie Sie ausführen, vom KJV ins Leben gerufen. Gegründet wurde der Laden 2014, von einer Ehrenamtsinitiative. Diese Initiative, inzwischen durchaus in anderer und wechselnder personeller Zusammensetzung, leitet den Familienladen. Der KJV e.V., und das ist Ihnen spätestens aus Gesprächen und Korrespondenzen der letzten Wochen bekannt, hat lediglich die Trägerschaft des Projekts übernommen, damit die Ehrenamtler:innen nicht extra einen Verein gründen mussten, um Rechtsgeschäfte (z.B. die Unterzeichnung des Mietvertrags) abschließen zu können, ohne privat haften zu müssen. Auch die Behauptung, der Familienladen würde Zuwendungen vom KJV erhalten, geht haarscharf an der Realität vorbei. Tatsächlich übernimmt der Verein die Beantragung von Fördermitteln für den Laden. Hierunter fallen z.B. auch die Förderungen für die Personalkosten für die Ehrenamtskoordinatorin. Die Kollegin ist natürlich beim KJV angestellt, ergo zahlt der Verein das Gehalt und die Lohnnebenkosten. Auch zahlt der Verein die Miete; natürlich, weil genau für derartige administrative Vorgänge gab es ja die Trägerschaftsübernahme. Aber: die Miete, die hier bezahlt wird, wurde vorher vom Familienladen „erwirtschaftet“ oder über Fördermittel oder Spenden generiert. Insofern erhält der Laden keine Zuwendungen vom Verein.

Richtig ist, dass es leider keine vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Stadt und dem KJV zur anteiligen Finanzierung der Stelle gibt, wenngleich es wohl eher eine Vereinbarung zwischen dem Landkreis Dahme-Spreewald und der Stadt hätte geben müssen, da sich diese beiden zu Beginn des Jahres 2015 darüber verständigt hatten, in einer 50:50 Aufteilung die Finanzierung einer Ehrenamtskoordination für den Familienladen zu übernehmen. Es hätte diese Stelle nämlich gar nicht gegeben, wenn die Stadt seinerzeit nicht auf den Vorschlag des Landkreises eingegangen wäre und eine hälftige Übernahme der Personalkosten zugesagt hätte. Der Landkreis wollte ab 2015 die Arbeit des Ehrenamtsprojekts unterstützen und dafür eine Koordinator:innen-Stelle schaffen. Bezahlt werden sollte dies aus Mitteln für die „Frühen Hilfen“. Der Landkreis wollte damit das kreisweit einzige Ehrenamtsprojekt in den „Frühen Hilfen“ unterstützen. Allerdings war man der Meinung, dass es neben dem kreislichen Interesse, ein solches Projekt zu fördern, doch auch ein Interesse der Stadt Wildau an einem solchen Projekt geben müsse, da an diesem hauptsächlich (junge) Familien aus Wildau partizipieren. Also war der Landkreis bereit, die Personalstelle zu finanzieren, wenn die Stadt mit einem gleichhohen Betrag diese Finanzierung bezuschussen würde. Über diese Idee informierte ich die damaligen Stadtverordneten, darunter Sie, per Mail am 19.11.2014. Am 19.02.2015 kam es dann zum entscheidenden Treffen zwischen dem damaligen Kinderschutzkoordinator des Landkreises und der Wildauer Stadtverwaltung um 14 Uhr im Volkshaus Wildau (Zimmer 119), dem ich beiwohnen durfte. Hier wurde seitens des Landkreises erneut darauf hingewiesen, dass es zur Schaffung der Stelle nur kommen könne, wenn die Stadt die Personalkosten zur Hälfte tragen würde. Insofern war nie die Rede davon, dass der KJV (irgendwann) diese 50% selbst tragen sollte. Der ideengebende Landkreis war immer mit der Forderung unterwegs, die Stadt müsse die zweite Hälfte zahlen, wenn es diese Stelle geben soll. Und weil es sich um eine auf Dauer angelegte Stelle handeln sollte (Es sei denn, sie würde sich als nicht zweckmäßig erweisen.) konnte natürlich zu keiner Zeit von einer „Anschubsfinanzierung“ ausgegangen werden. Deshalb widersprechen wir entschieden der Darstellung, der Verein hätte „die restlichen 50% aus Eigenmitteln (Sponsoring, Mieteinnahmen, Mitgliedsbeiträge) aufbringen müssen“.

Wir bedauern, dass Sie eine Konkurrenz zwischen dem städtischen Familientreff „Kleeblatt“ und dem Familienladen „Seifenblase“ andeuten. Beim Familienladen „Seifenblase“ ging/geht es nicht darum, den Familientreff „Kleeblatt“ der Stadt zu doppeln oder mit ihm zu konkurrieren. Es handelt sich um einen gänzlich anderen und damit das Angebot an Sozialen Einrichtungen der Stadt ergänzenden Ansatz, nämlich um einen, durch eine Elterninitiative selbstverwalteten Raum. Und weil das so ist und der Laden durch seinen konzeptionellen Ansatz ein Angebot im Bereich der sogenannten „Frühen Hilfen“ darstellt, glaubt(e) der Landkreis Dahme-Spreewald, dass dieses Projekt unbedingt unterstützt werden sollte. Man hält den Ansatz gar für „modellhaft“ und wünscht sich, dass auch in anderen Kommunen des Landkreises ähnliche Projekte entstehen.

Aber selbst, wenn Sie eine Dopplung des städtischen Angebots vermuten, erscheint es uns nur fair, dass auch Familien, die im Bereich der Karl-Marx- bzw. Fr.-Engels-Str. wohnen, ein fußläufig zu erreichendes Angebot unterbreitet wird, genauso, wie es imho richtig ist, zwei Senior:innen-Treffpunkte zu unterhalten.

Offen bleibt, warum es relevant sein könnte, dass der Personalkostenzuschuss des Landkreises nicht mehr explizit aus Mitteln der Bundesstiftung stammt. Dies ist nämlich nach Auskunft des Landkreises ausschließlich der Tatsache geschuldet, dass die Förderhöchstsumme, die der Landkreis aus der Stiftung bekommen kann, gedeckelt ist, es also für den Kreis keinen Sinn macht, alle Projekte der „Frühen Hilfen“ in den Antrag zu schreiben, die er final dann mit insgesamt 250.000 Euro pro Jahr finanziert. Und so schreibt er aus Gründen der Effizienz nur die „großen“ Projekte hinein.

Einziger Grund für diesen Hinweis scheint zu sein, dass ausgerechnet werden soll, dass die Stadt über den Umweg „Kreisumlage“, die kompletten Personalkosten übernimmt. Das ist genau so richtig, als würde man behaupten, die Gemeinde Schönefeld würde über die Kreisumlage 50% der Personalkosten tragen. Alle Städte und Gemeinden zahlen eine Kreisumlage, die im vergangenen Jahr 37% der Umlagegrundlage betrug. Sie zahlen also alle in einen großen Topf ein, aus dem dann der Landkreis nach seinem Ermessen Ausgaben tätigt, also auch die anteilige Finanzierung der Personalkosten für die Ehrenamtskoordinatorin des Familienladens „Seifenblase“. Müssten wir Wildauer nicht sogar froh sein, hier etwas aus dem Topf nach Wildau zurückzubekommen?

Der KJV e.V. bedauert die aktuelle Entwicklung zum Personalkostenzuschuss für die Stelle der Ehrenamtskoordinatorin des Familienladens „Seifenblase“ sehr.

Es steht zu befürchten, dass, sollte am kommenden Dienstag tatsächlich die Entscheidung fallen, die Personalkostenförderung (rückwirkend) zu beenden, auch der Landkreis seinen Bewilligungsbescheid für das laufende Jahr widerruft, weil dieser ja unter der Maßgabe erlassen wurde, dass die Stadt Wildau die Hälfte der Personalkosten trägt. Wir reden dann also vermutlich nicht darüber, ob der Familienladen oder sein Träger in der Lage wären, zusätzlich zu den Mietkosten noch 6.000 Euro pro Jahr zu erwirtschaften, um den 50%igen Personalkostenanteil zu übernehmen, sondern vom Ende der Personalstelle. Sollte dieses Szenario eintreten, entstünde dem Träger, da Kündigungsfristen eingehalten werden müssen, selbst bei sofortiger Kündigung der Ehrenamtskoordinatorin am Abend des 23.02. ein finanzieller Schaden in Höhe von 4.400 Euro.

Wir hoffen immer noch, dass eine Möglichkeit der Fortführung der gemeinsamen Finanzierung der Personalkosten von Landkreis und Stadt gefunden wird. Sollte dies nicht möglich sein und die Personalkostenfinanzierung, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr gewollt sein, bitten wir darum, die Möglichkeit zur hauptamtlichen Unterstützung für den Familienladen zumindest nicht rückwirkend und somit zum finanziellen Schaden des KJV e.V. zu beenden.

 

Frank Vulpius

für den KJV e.V.

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